Kachelreport: Münsterdorfer SV – Wer ihn noch nicht kennt…

Münsterdorfer SV – Zwei Zimmer, ohne Küche, mit Bad

Wir waren eher auf drei Punkte aus, als auf eine neue Butze. Die Einliegerwohnung an der Münsterdorfer Mühlenstraße ist ein wahr gewordener Baumarkttraum für 90-minütige Mietnomaden.Vermutlich wegen des traditionellen Münsterdorfer Bingoabends, der im MSV-Vereinsheim stattfand, mussten wir in die Ausweichkabine am Waldrand abschwenken. Wahrscheinlich wurde die etatmäßige Gästekabine als zusätzliches Getränkelager oder auch Séparée für glücklich stimulierte Hauptgewinner („Bingo!“) gebraucht. Befürchtungen somit auch in die hygienische Abgeschiedenheit geschickt zu werden, bestätigten sich jedoch zum Glück nicht.

Vielmehr waren wir positiv überrascht. Einerseits über den nicht erwarteten Komfort einer Kabine bestehend aus zwei hohen Räumen, und andererseits was man aus ein paar Brettern, Fliesen, einer Handvoll Spax Schrauben und Alpina Weiß so alles machen kann.

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Donnerwetter. Hier in Münsterdorf versteht aber ein Hausmeister seine Zunft! Vor uns lag eine saubere, gepflegte Kabine mit ordentlichen Sitzbänken, ausreichender Behakung, ein besackter Mülleimer war auch drin. Und, für Herren im fortgeschrittenen, aber besten Alter, nicht ganz unwichtig: Es war warm.

Auf zum Rundgang. Die Augen gingen uns auf und eine wohlige Wärme breitete sich auch in unseren kleinen Herzen aus, als wir das penibel aufgehängte Triumvirat aus Besen, Kehrblech und Handeule erblickten. Wie es sich gehört sämtlich mit dem Vereinsnamen beschriftet (Edding 2000) und stets griffbereit. Ein Zustand, wie er leider nur noch ganz selten im heutigen Kreisfußball zu finden ist.

3Ist der erste Raum noch schlicht mit Lägerdorfer Lotsenklinker gemauert, kommt der zweite in einem gänzlich anderen Licht daher. Hier hätte Roy Black seinem Schmachtfetzen „Ganz in Weiß“ zu einem Wiedereinstieg in die Charts verhelfen können. Das Zusammenspiel des herrschenden Neonlichts mit dem durch das Riffelglasfenster einfallenden letzten Glühen einer kühlen Frühherbstsonne lassen die zu oft besungenen, romantischen Sonnenuntergänge von Capri und Essen-Kettwig zu einem profanen „Licht aus, Klappe halten“ werden.
In der Nasszelle dann die nächste, warme Überraschung. Kein stufenloser Misch-Hebel, keine Game Show Buzzer, sondern wirklich eine ganze Phalanx von Thermostat Duscharmaturen. Dieser massive Messingkörper mit integrierter ECO-Stopp-Funktion und Blockiertaste bei ca. 50% Öffnung des Reguliergriffes, die dadurch bis zu 50% Wasserersparnis garantiert, machen das Abbrausen selbst nach der erlittenen Niederlage zum wahren Erlebnis. Hier fühlt man sich auch voll entblößt noch sicher. Ich sag nur: LGA-geräuschgeprüft und Sicherheitssperre bei 38° C und dann noch drei Jahre Garantie! Ein Traum, ein wahrer Traum.

Für eine auch optische Auflockerung sorgt die im Raum umlaufende Zierborte in der Bekachelung auf Stirnhöhe, deren Muster man von den abertausenden Arschgeweihen braungebranter… ääh, Frauen aus den Discos und Frittenbuden der Region kennt.

4Nichts wurde hier dem Zufall überlassen. Mein Freund, der Schlauch, ist da. Farblich abgestimmt, aber denn doch irgendwie dominant gelb windet er sich ums Handwaschbecken. Letzte innere Zufriedenheit hätte da noch ein Schlauchrondell gegeben oder zumindest eine alte Felge vom Ascona, die die Gummiröhre bändigt. Aber nun gut, es geht notfalls ja auch so.

Bei soviel Stimmigkeit und nicht zu beanstandender Funktionalität muss man sich schon auf die Einzelheiten konzentrieren, um den Münsterdorfern irgendwie noch den Sieg und die Wertung zu vermiesen. Da hilft nur der geschulte Blick aus nahezu zwei Jahrzehnten Kreisfußball.

Der auffällige Kleiderschrank ist völlig deplatziert und hat, auch für den Laien schnell zu erkennen, einfach zu wenige Aufkleber, Kritzeleien und Filzstiftgeschmiere. Lediglich der Keilerkopf, protziges Markenzeichen eines Schnapsbrenners aus Nörten-Hardenberg und die entspannte Werbung für Fluppen versöhnen den Betrachter. Saufen und Rauchen gehört nun mal einfach zum Kreisfußball dazu!

Etwas bange wird einem aber beim Blick in die offene Verteilerdose unter der Decke. Wie die Köpfe der Hydra, dem neunköpfigen, schlangenähnlichen Ungeheuer der griechischen Mythologie, stecken die volt-starken Stromkabel ihre kecken Lüsterklemmen hervor. Schlägt man der Hydra einen Kopf ab, wachsen an dessen Stelle zwei neue nach. Ob es sich bei den Stromkabeln ähnlich verhält, wollte an diesem Abend keiner nachprüfen.

Lochfraß beim Heizkörper in der Dusche. Das spricht wohl für sich.

Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Diese Katrin Soapbox ist zwar ein rühriges Accessoire als vergangenen Handwasch-Zeiten, aber der unnötige Anglizismus macht mich traurig. Warum „Soapbox“, wenn es auch ein „Seifenspender“ tut? Mal ganz nebenbei hätte es auch ein Stück Fa-Seife getan, aber das ist wahrscheinlich nur eine ganz persönliche Empfindung.

Eine Besonderheit gab es dann doch noch. Auffallend ist das Loch in der Tür zum Abtritt.

Man muss nicht lange die Fantasie bemühen und man sieht quasi vor sich, wie der frustrierte Mittelstürmer nach seiner Auswechslung in der 7. Minute wutschnaubend in die Kabine gestürmt kam und seinen Frust an der wehrlosen WC-Tür abgeladen hat. Es kann aber auch ein enttäuschter Übungsleiter gewesen sein, der in der Halbzeitpause, ob dem 1:5-Rückstand leicht erregt, zu drastischen Mitteln griff, um sein Team aufzurütteln.

Geradezu enttäuschend war dann die Auflösung. Lediglich das sperrige Thermostat vom Heizkörper war der Verursacher des Schadens. Ob jedoch von Hausmeisterhand gewollt (unwahrscheinlich) oder vom übermäßigen Schwung eines Akteurs auf dem Weg zur krampfartigen, oralen Magenentleerung (sehr wahrscheinlich), bleibt offen.

Gesamturteil:
Die Grundbedürfnisse werden befriedigt, dennoch bleibt Luft nach oben. Der Teufel steckt im Detail und genau da sollte man in Münsterdorf ansetzen.

Wertung:
Sechs Möpse. Eine eventuelle Nachprüfung lässt Korrekturen zu.
5Quelle & Original-Text mit Bilder:

http://www.knochenfett.de/kachelreport/aktuell-münsterdorfer-sv/